Zum Hungertuch 2019/2020
Ein Konfirmand zeigt jeweils auf das Bildelement. Nach jeder Deutung ertönt der Ton einer Klangschale. Kurze Stille, dann geht es weiter.
Leuchtendes Blau, rissige Erde, rot umrandete Steine, ein leuchtend-goldener Ring, geheimnisvolle Schriftzeichen, Kreuze und eine rot-blau bekleidete Figur. Die Symbolsprache des Künstlers Uwe Appold fordert uns zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Bild auf: „Ich erwarte nicht, dass die Betrachtenden alles nachvollziehen, was ich hineingesteckt habe. Ich wünsche mir, dass die Menschen ihre eigenen Geschichten einbringen in das, was ich gemalt habe.“
Das tiefe und leuchtende Blau steht für das lebensnotwendige Wasser und den unendlichen Himmel. In der christlichen Symbolsprache ist es die Farbe des Glaubens, der Zuverlässigkeit und der Treue. Blau verbindet Erde und Himmel. Das Wasser der Taufe soll unsere Täuflinge symbolisch mit Himmel und Erde verbinden.
Rot steht für die Liebe und das Leiden. Gleichzeitig ist es die Farbe des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist die Energie Gottes, seiner Liebe und seiner Schöpferkraft unter den Menschen. Die Taufe will mit dieser Kraft eine Verbindung schaffen.
Die Erde, die auf dem Bild als Gestaltungsmaterial verwendet wurde, stammt aus dem Garten Gethsemane in Jerusalem, dem Garten, in dem Jesus verhaftet worden ist. Erde trägt diese Vergangenheit in sich und lässt aber auch Neues wachsen. Diese Erde erinnert daran, dass unser Planet Heimat aller Geschöpfe ist und uns als Lebensraum anvertraut ist.
Die Steine waren in der Erde aus Jerusalem enthalten. 12 Steine als Zeichen für die 12 Apostel, die 12 Stämme Israels, die das Land bebauten und die 12 Monate wurden in das Bild hineingesetzt als „Stolpersteine“, an denen wir uns reiben und Entscheidungen reifen lassen können.
Der Ring als Symbol des Himmels und der Unendlichkeit enthält in sich Anfang und Ende. Er symbolisiert hier wie ein Ehering Gottes unbedingte Zusage seiner Liebe, die allen Menschen und in besonderer Weise den Ausgegrenzten gilt. Gold ist der wertvollste Grundstoff und drückt Gottes Herrlichkeit aus.
Unser „gemeinsames Haus“ im Zentrum ruht geborgen in der Liebe Gottes. Es ist unfertig als Zeichen dafür, dass wir alle daran bauen und Lösungen für die derzeitigen Krisen finden müssen. Das Haus ist aus Erde vom Garten Gethsemane geformt.
Ins Blau hat der Künstler geheimnisvolle Schriftzeichen gesetzt, die wir entschlüsseln können. Sie sind eingerahmt von einem roten Kreuz und den griechischen Anfangsbuchstaben für Jesus Christus: IX. Das Unendlichkeitszeichen ist zur 8 aufgestellt: Gott hat uns als aufrechte Menschen geschaffen, die Verantwortung übernehmen.
Das Leben, das Gott uns Menschen gegeben hat, ist oft so wie eine rätselvolle Schrift, die wir Jugendlichen für unser Leben entziffern müssen.
Mit dem Glauben ist es genauso. Wer weiß schon, was das alles für sein Leben bedeuten kann, was die Bibel sagt.
Die Figur, Mann oder Frau, ist bekleidet in rot-blaues Textil und nicht mehr nackt wie im Paradies. Sie hat Kontakt zur Erde und öffnet die Arme zum Himmel. So überschreitet sie die Grenzen des Bildes. Die geschwungene Edelstahl-Stange mit eingekerbtem Christus-Zeichen hat die Form einer offenen Schale: der Mensch nimmt Gottes Wort auf und trägt es weiter.
Nach einer Vorlage von Dr. Claudia Kolletzki, MISEREOR, bearbeitet von Pfr. Jörg Wegner (10. März 2019)
März 2020